Junkers Ju-88: Bomber, Nachtjäger, Aufklärer – das vielseitigste Flugzeug der Luftwaffe - WELT (2024)

Zweiter Weltkrieg Junkers Ju-88

Noch in der Entwicklung verlangte das Reichsluftfahrtministerium, dass die Junkers Ju-88 für Sturzflugangriffe ausgerüstet sein solle – eine Fehlentscheidung. Erst nach etwa der Hälfte der Gesamtproduktion wurde sie korrigiert.

| Lesedauer: 4 Minuten

Von Johann Althaus

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Das Bessere ist der Feind des Guten. Kaum hatte die Heinkel He-111, der erste moderne mittelschwere Bomber deutscher Entwicklung, 1935 ihren Erstflug absolviert, und noch bevor deren Serienproduktion begonnen hatte, gab das Reichsluftfahrtministerium schon ihre Nachfolgerin in Auftrag. Drei Flugzeugwerke beteiligten sich an der geheimen Ausschreibung für einen künftigen Schnellbomber: Henschel mit der Hs-127, Messerschmitt mit der Bf-162, einer vergrößerten Variante des schweren Jägers Bf-110 – und Junkers mit der Ju-88.

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Möglicherweise war die Ausschreibung von vorneherein auf einen Entwurf der 1935 vollständig verstaatlichten Junkers Flugzeugwerke ausgerichtet; die Entwicklungsaufträge an die beiden Konkurrenten könnten Kosmetik gewesen sein, doch sicher nachgewiesen ist das nicht. Jedenfalls nahm der Auftraggeber auf den Junkers-Vorschlag erheblich mehr Einfluss als auf die beiden anderen Entwürfe.

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Und so konnte Junkers-Chefpilot Karlheinz Kindermann schon drei Tage vor Weihnachten 1936 mit einem Prototyp der Ju-88 den Erstflug unternehmen. Die Bf-162 war erst im Februar 1937 und die Hs-127 sogar nicht vor September desselben Jahres flugbereit. Beide Konkurrenzentwürfe fielen übrigens kleiner aus als die Ju-88: Sie hatten jeweils nur knapp 40 Quadratmeter Flügelfläche, die Ju-88 dagegen 52 Quadratmeter. Die Bf-162 und die Hs-127 ähnelten stark der späteren De Havilland Mosquito, deren Entwicklung erst 1938 begann.

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Eine Änderung der Anforderungen schloss die beiden Konkurrenzentwürfe im Sommer 1937 dann endgültig aus: Das Reichsluftfahrtministerium verlangte noch vor den ersten positiven Erfahrungen mit dem einmotorigen Sturzkampfbomber Junkers Ju-87 im Spanischen Bürgerkrieg, der projektierte zweimotorige Schnellbomber müsse ebenfalls die Fähigkeiten zu Sturzflugangriffen haben. Dafür bekam der sechste Prototyp eine automatische Sturzflugbremse; tatsächlich wurde etwa die Hälfte der insgesamt produzierten Ju-88 damit ausgestattet. Jedoch reduzierte diese Modifikation die Spitzengeschwindigkeit um rund 40 Kilometer pro Stunde – für einen „Schnellbomber“ kontraproduktiv.

Im Herbst 1938 erging der Auftrag an Junkers, die Großserienproduktion vorzubereiten. Mittelfristig sollte die Ju-88 die bisherigen mittelschweren Bomber Dornier Do-17 und Heinkel He-111 als Standard bei der Luftwaffe ablösen. Doch erst Mitte 1939 begann tatsächlich der Fertigung, sodass bis Ende des Jahres lediglich etwa hundert Maschinen an die Luftwaffe übergeben werden konnten.

Nach einzelnen Einsätze über der Nordsee Ende 1939 sowie während der Invasion in Norwegen im April 1940 folgte der erste Großeinsatz des neuen Musters wenige Wochen später gegen die Evakuierung der britischen Armee aus Dünkirchen. Im Hoch- und Spätsommer flogen mehrere mit Ju-88 ausgerüstete Kampfgeschwader wie jene mit der He-111 bei Tag Bombenangriffe gegen Fliegerhorste der Royal Air Force.

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Doch die Verluste waren hoch – nicht ganz so schlimm wie bei den langsameren Dorniers und Heinkels oder den bald abgezogenen Ju-87, aber immer noch zu hoch. Also stellte die Luftwaffe ihre Taktik auf Nachtangriffe um, was zum unterschiedslosen Bombardement ziviler Ziele in London und andernorts führte.

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Auf den anderen Schauplätzen, über dem Mittelmeer und Nordafrika, dem Balkan und vor allem an der Ostfront, waren die Ju-88 bis weit in den Krieg hinein die besten Maschinen im Einsatz. Doch für den Luftkrieg über West- und Mitteleuropa galt das nicht. Ab Frühjahr 1942 konnte das britische Bomber Command regelmäßig mehr Bomber auf einmal einsetzen, als es die Luftwaffe je geschafft hatte.

Nun bekam die Ju-88 eine neue Aufgabe: Umgebaut zum Nachtjäger (ohne Sturzflugbremse, dafür mit Radar ausgestattet) und mit stärkeren Motoren versehen, verteidigte sie die Heimatfront gegen den immer stärker anschwellenden Strom schwerer britischer Bomber. Die ab 1943 regelmäßig tagsüber angreifenden US-Bomber attackierten Verbände aus einmotorigen Jägern, nachts war das die Aufgabe der Ju-88 und der nun doch wieder sinnvoll nutzbaren, eigentlich schon ausgemusterten schweren Jäger vom Typ Messerschmitt Bf-110.

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Um Städte und vor allem Rüstungsindustrie gegen die stete Gefahr aus der Höhe zu schützen, musste die Luftwaffen tausende Flakgeschütze und hunderte Flugzeuge von anderen Kriegsschauplätzen abziehen; das war wohl die wichtigere Auswirkung des strategischen Luftkriegs als die direkten Schäden, die Brand- und Sprengbomben am Boden verursachten.

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Die Ju-88 erwies sich als das vielseitigste und konstruktiv beste Großserienflugzeug der Luftwaffe; fast 15.000 Stück wurden gebaut. Anders als die einmotorige Focke-Wulf Fw-190, die zeitweise den neuesten britischen Jägern technisch sogar voraus war, erreichte die Junkers allerdings nie die Leistungsfähigkeit des ähnlich variablen Schnellbombers Mosquito. Doch war diese aus speziellem Sperrholz gebaute Maschine einerseits leichter, andererseits stärker motorisiert – und nie für die besonders hohe Belastung häufiger Sturzflüge (die auch die Ju-88 in der Praxis sehr selten flogen) ausgelegt.

Von der vergrößerten Weiterentwicklung Ju-188 (ohne Sturzflugbremse) wurden noch etwa 1100 Stück als Bomber, Nachtjäger und Aufklärer an die Luftwaffe ausgeliefert. Doch beispielsweise im September 1944 waren nur 350 Stück davon im Einsatz, während gleichzeitig 2483 Ju-88 aller Ausführungen zur Verfügung standen.

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1945 war der Entwurf von 1936 technisch endgültig überholt. Tausende noch vorhandene, aber wegen Ersatzteilmangel oder fehlendem Treibstoff nicht mehr flugfähige Ju-88 wurden verschrottet. Geblieben sind nicht einmal ein Dutzend Exemplare in Museen – und davon gibt es nur zwei, die nicht aufwendig restauriert werden mussten.

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Junkers Ju-88: Bomber, Nachtjäger, Aufklärer – das vielseitigste Flugzeug der Luftwaffe - WELT (2024)

FAQs

Wie viele Ju 88 gibt es noch? ›

Tausende noch vorhandene, aber wegen Ersatzteilmangel oder fehlendem Treibstoff nicht mehr flugfähige Ju-88 wurden verschrottet. Geblieben sind nicht einmal ein Dutzend Exemplare in Museen – und davon gibt es nur zwei, die nicht aufwendig restauriert werden mussten.

Was war der beste Bomber im Zweiten Weltkrieg? ›

Die Boeing B-29 Superfortress war ein Langstreckenbomber des US-amerikanischen Herstellers Boeing Airplane Company aus den 1940er-Jahren. Sie war der größte und leistungsfähigste Bomber des Zweiten Weltkriegs und stand noch in der Anfangsphase des Kalten Krieges im Dienst.

Welches Flugzeug war die Stuka? ›

Der Sturzkampfbomber JU 87 ist eines der bekanntesten Flugzeuge des Zweiten Weltkriegs. Es wurde erstmals 1935 geflogen, aber seine Feuertaufe bestand es 1938 während des spanischen Bürgerkriegs. In der deutschen Propaganda wurde er zum Symbol der Macht der Luftwaffe.

Wie viele Stukas wurden gebaut? ›

Insgesamt wurden davon 721 Stück gebaut, wobei speziell die bei Žirje entdeckte Version R-2, die einen stärkeren Motor aufwies als die Version R-1, 472 Mal produziert wurde. Insgesamt 59 Flugzeuge dieser Stuka-Version waren bei der Regia Aeronautica im Einsatz.

Warum darf die Ju-52 nicht mehr fliegen? ›

Die «Tante Ju» wird wohl nicht mehr abheben: Die Ju-Air mit Sitz in Dübendorf ZH wollte ein Exemplar des historischen Flugzeugs Ju-52 eigentlich im Frühling 2023 wieder in die Luft bringen. Doch daraus wird voraussichtlich nichts. Grund für das Grounding ist eine Umstrukturierung bei der Junkers Flugzeugwerke AG.

Wie viele Me 262 wurden abgeschossen? ›

Über 200 Flugzeuge waren nach ihrer Übernahme zerstört oder beschädigt worden. Bei den Einheiten waren 727 Verluste aufgetreten, davon 232 durch Feindeinwirkung. Im Bestand befanden sich noch 264 Flugzeuge, davon 134 in einsatzbereiten Einheiten.

Wer war der beste Pilot im 2 Weltkrieg? ›

Mit 352 Abschüssen war Erich Hartmann der beste Kampfflieger aller Zeiten. Das Flieger-Genie wurde vor 100 Jahren in Korntal geboren und starb in Weil im Schönbuch. Er war ein Mann, der seine Leute nicht im Stich ließ, weder im Nazideutschland noch in der Bundesrepublik.

Was ist der modernste Bomber der Welt? ›

Northrop Grumman B-21
Northrop Grumman B-21 „Raider“
B-21 Raider in einem Hangar der United States Air Force Plant 42 bei Palmdale im November 2022
TypStrategischer Bomber
EntwurfslandVereinigte Staaten
HerstellerNorthrop Grumman
8 more rows

Was war das Gefährlichste Flugzeug im 2 Weltkrieg? ›

Die Boeing B-17 Flying Fortress (englisch für Fliegende Festung) ist ein schwerer Bomber/Horizontalbomber der Boeing Airplane Company. Er ist der bekannteste Bomber der US-Luftstreitkräfte im Zweiten Weltkrieg und war dafür bekannt, trotz schwerer Schäden noch flugfähig zu sein.

Wer war der beste Stuka Pilot? ›

Berühmteste Pilot des Stuka. In dieser Phase trifft die Ju 87 auf ihren berühmtesten Piloten. Hans-Ulrich Rudel war der am höchsten dekorierte Soldat des III. Reiches.

Was war das stärkste Flugzeug im 2 Weltkrieg? ›

Die Focke-Wulf Fw 190, genannt „Würger“, war ein Jagdflugzeug des Zweiten Weltkriegs. Die Maschine wurde von Focke-Wulf in Bremen unter der Leitung von Chefkonstrukteur Kurt Tank entwickelt.

Warum gibt es keine Stukas mehr? ›

Dazu kam, dass die Reichweite der deutschen Maschinen begrenzt war. Durch den langen Hin- und Rückflug war die Einsatzzeit der deutschen Jäger über der Insel knapp bemessen. Sie konnten den Bombern daher keinen ausreichenden Geleitschutz bieten.

Warum war die Stuka so laut? ›

(Stuka-Geräusch) Also während die Stuka-Flugzeuge sich auf feindlichen Linien und auf Städte gestürzt haben, lief durch eine Trompete unterhalb des Flugzeuges der Wind und erzeugte einen infernalischen Klang, der die Zeitgenossen erschreckt hat.

Wie viel kostet eine echte Stuka? ›

Junkers JU 87 Stuka / 2300mm, 729,00 €

Wie viele Ju-52 gibt es noch? ›

Gefertigt wurde sie in der klassischen Wellblechbauweise bis 1945 bei Junkers im ostdeutschen Dessau nahe Berlin, zudem auch in Lizenz bei Amiot in Frankreich und sogar noch bis 1952 bei Casa in Spanien. Insgesamt entstanden fast 5000 Exemplare, von denen derzeit aber lediglich noch zwei weltweit flugfähig sind.

Wie viele flugfähige Ju 87 gibt es noch? ›

Dennoch überdauerte vom legendären deutschen Stuka kein einziges flugbereites Exemplar. Überhaupt blieben von den mehr als 5.700 Maschinen nur zwei Ju 87 vollständig erhalten. Beide stehen heute in Museen – eine in Chicago, die zweite in London.

Wie viele Ju-52 gibt es noch weltweit? ›

Gefertigt wurde sie in der klassischen Wellblechbauweise bis 1945 bei Junkers im ostdeutschen Dessau nahe Berlin, zudem auch in Lizenz bei Amiot in Frankreich und sogar noch bis 1952 bei Casa in Spanien. Insgesamt entstanden fast 5000 Exemplare, von denen derzeit aber lediglich noch zwei weltweit flugfähig sind.

Was kostet eine Ju 87? ›

Junkers JU 87 Stuka / 2300mm, 729,00 €

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